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Kapitel 2 Gefährliches Treffen

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Beitrag von Moni Fr 11 Okt - 21:13

„ Soll das ein Witz sein? Zweitausend Dollar für diese verhunzte Kommode? „ Der kleine Mann, der breitbeinig in Dan's dürftigem Wohnzimmer stand, schüttelte verständnislos den Kopf und fuchtelte wie ein giftiger Zwerg mit seinen Händchen durch die Luft.
Dan bückte sich zu ihm herunter: „Ron.“, setzte er an, „du bist einer meiner besten Kunden, das weißt du. Dieses schöne Stück findest du nirgends anders auf dieser Welt und so ramponiert ist die Kommode doch auch gar nicht.Außerdem, sieh dir den weißen glänzenden Lack an, ich weiß dass du sie unbedingt haben willst. Also komm schon, zweitausend Dollar und das Stück gehört dir.“
Unmerklich kaute Dan auf seiner Lippe. Ron haderte mit sich, bevor er schließlich mit etwas in seinem Blick, dass wie Wut aussah, einwilligte und Dan das Geld bar in die Hand legte.
Zweitausend Dollar waren ihm nach wie vor zu viel für dieses angeschlagene Möbelstück, aber er war ein gut verdienender Bankangestellter, es würde ihn nicht sonderlich schmerzen. Ron, der nun um ein antikes Möbelstück reicher war, verabschiedete sich mit einem höflichen Nicken, Dan tat eine freundliche Geste mit der Hand.


Am nächsten Morgen war Dan schon früh auf den Beinen, denn er erwartete heute seine etwas andere Ware, die ihm alle zwei bis drei Wochen gebracht wurde.
Er betrat seine kleine, aber gemütliche Küche, ließ sich auf einem der beiden Holzstühle nieder und schaltete das Radio ein.
Das Käsebrot landete nach vier Bissen im Mülleimer und auch der Kaffee schmeckte widerlich.
Es wurde wirklich allerhöchste Eisenbahn, dass Dan sein Beruhigungsmittel, wie er es nannte, bekam. Seit vier Tagen schon saß er auf dem Trockenen und langsam brachte es ihn fast um.
Um sich ein wenig abzulenken, griff er zum Telefon und rief seine Schwester Meredith an.
„Hallo Dan.“, meldete sich eine freundliche Stimme. Der nervöse Mann am anderen Ende der Leitung zwirbelte die Telefonschnur um seinen Finger. „Guten Morgen, Meredith“, presste er schließlich hervor. Hoffentlich merkt sie nicht, wie aufgewühlt ich bin.
Dan vernahm ein kurzes Rascheln, bevor seine Schwester wieder sprach: „Es ist noch ziemlich früh, ist alles okay bei dir?“, fragte sie nun besorgt.
Dan schluckte den Kloß in seinem Hals herunter: „Natürlich mein kleines Schwesterchen, mir geht es prima. Ich bin froh dass heute Sonntag ist und ich mich einmal ein wenig ausruhen kann.“, log er und hängte nach kurzem Überlegen noch den Satz „Ich wollte mich eigentlich nur erkundigen, wie es dir und Vince und dem kleinen Jack geht“ dran. Vincent war ein guter Ehemann, Dan mochte ihn. Nach Mary's Tod vor drei Jahren hatte er Meredith sehr viel Kraft gegeben und ihr geholfen, sich an ein Leben ohne ihre Mutter zu gewöhnen.
Dan beneidete seine Schwester, er selbst würde niemals so sein. Eine Frau passte einfach nicht in sein Leben, das würde zu viele Probleme bereiten. Nein, für ihn gab es keine Rettung.
Nachdem Meredith kurz erklärt hatte, dass die Beiden am Mittwoch campen fahren wollten, sofern der kleine Jack bis dahin gesund werden würde, verabschiedeten sie sich und Dan hängte auf. Vom Hof her tönte ein lautes Knattern. Dan schob die Gardine beiseite und blickte aus dem Fenster.
Draußen fuhr ein großer, roter Lastwagen vor. Der Fahrer manövrierte das Fahrzeug rückwärts in die gerade einmal drei Meter hohe Garage und riss dabei fast das Verdeck ab. Der LKW passte gerade so hinein.


Dan stand an der Tür, als der Fahrer die große Tür des Wagens zuschlug. Der breitschultrige, braungebrannte Mann ging mit festen Schritten auf ihn zu.
Er hob kurz die Hand, unter seinem blau karierten Jackenärmel blitzten mehrere Tattoos hervor.
„Hey Dan, wartest du schon lange?“ Ich bin in einen Stau geraten, tut mir Leid.“, grinste er, während er seinen Gegenüber mit seinem Blick fixierte. Dan tat es ihm gleich.
Ohne viel zu reden, gingen sie zum hinteren Teil des Lastwagens und öffneten das stechend rote Verdeck.
Dan hatte keine Lust, sich mit dem Typen zu unterhalten, er brauchte sein Zeug. Prüfend wanderte sein Blick über die weißen Pakete, die Reihe um Reihe aufgestapelt waren.



Zehn Minuten später setzte sich der Wagen wieder in Bewegung und Dan schleppte die kleinen Pakete in sein Haus, bevor er sie unten im Keller in einer alten Truhe verstaute und drei Päckchen mit nach oben nahm.
Dort quetschte er sich auf die Eckbank in der Küche und zog ein Messer aus der Seitentasche seiner Regenjacke, um das Paket aufzuschlitzen.
Nachdem er den Deckel aufgeklappt hatte, nahm er die durchsichtige Plastikpackung aus dem Karton und öffnete sie. Er schüttelte die Kanülen, die sich darin befanden, auf den Tisch und schnitt auch eines der anderen Päckchen auf, um seinen Inhalt auf die Holzplatte zu kippen. Diese simplen, ihm wohl bekannten Handgriffe kosteten ihn eine Menge Kraft und Konzentration.
In seinem Kopf regte sich etwas, er war nun angespannt wie ein Löwe, voller Vorfreude wie ein kleines Kind an seinem Geburtstag und trotzdem irgendwie tieftraurig. Er nahm diese Drogen seit er aus der Psychiatrie entlassen wurde, das waren mittlerweile fast drei Jahre. Und nun war er soweit, dass er nicht mehr davon los kam. Sie halfen zu gut, gegen die traurigen Gedanken an sie.



Nach vier Minuten ging es ihm langsam besser, der Stich in seinem Arm und die angeschwollene Ader brannten nicht mehr und Dan saß seelenruhig und mit ausgestreckten Beinen auf der Bank. Die Spritze lag noch auf dem Tisch, ebenso wie das kleine Fläschen mit dem Heroin. Das würde für die nächsten zehn Stunden genug sein.
Dan hatte sich die doppelte Menge injiziert, so viel hatte er noch nie zuvor im Blut gehabt.
Aber es beunruhigte ihn nicht, denn er wusste, dass er es brauchen würde. Mit viel Mühe wandte Dan den Kopf und blickte auf die Uhr. Die Zahlen schienen vor seinen Augen zu verschmelzen. Es war fast elf. Heute Abend würde er sich mit Catherina treffen, also würde er sich noch einen Schuss setzen, bevor er sich auf den Weg ins Cuisine de poissons machen würde, der Sicherheit halber. Er hatte die Frau erst einmal gesehen, als sie vor der Zentrale des städtischen Schlüsseldienstes eine Schlägerei beendet hatte. Sie gehörte zur Xabour Police,der Gedanke, sie heute Abend mit nach Hause zu nehmen, gefiel Dan ungemein, auch wenn er gerade nicht ganz bei sich war.
Obwohl sich alles drehte, zwang Dan sich aufzustehen, nach zehn Minuten saß er endlich in seinem gemütlichen Ledersessel und sah sich die Channel News an, ohne mitzubekommen, wovon der südländische Nachrichtensprecher überhaupt berichtete.
So saß er eine Zeit lang da, ohne wirklich etwas mitzubekommen, bevor er schließlich einschlief.



Um viertel vor sieben klingelte sein Handywecker. Scheiße, ich muss mich beeilen.
Mittlerweile konnte er wieder normal laufen, er sprintete ins Schlafzimmer und kramte einen seiner besten Anzüge aus seinem begehbaren Kleiderschrank, bevor er im Bad verschwand.
Das heiße Wasser beruhigte ihn, er war nervös. Natürlich war es weiß Gott nicht das erste Mal dass er sich mit einer Frau zum Essen traf, aber dieses Mal war es etwas anderes, das konnte er spüren.
Er hatte seinen Verstand mit den Jahren davon überzeugen können, niemals einer Menschenseele vollends zu vertrauen und er wusste auch, dass er niemals heiraten würde, sich niemals verlieben durfte.
Dennoch stellte diese Catherina Snuff eine Gefahr für ihn da, das wusste er ganz genau. Trotzdem traf er sich mit ihr, er konnte einfach nicht widerstehen.



Kurz vor acht parkte er seinen blauen VW- Käfer auf der gegenüberliegenden Seite des noblen Restaurants, in dass er die Polizeibeamtin bestellt hatte.
Schon von der anderen Straßenseite konnte er die kastanienbraunen, gewellten Haare hinter der großen Panoramascheibe erkennen. Meine Güte, wie wunderschön ihre Haare sind. Und dieses rote Seidenkleid erst.
Dan richtete seine Krawatte und warf einen letzten prüfenden Blick in den Autospiegel, bevor er mit entschlossenen Schritten und selbstbewusst erhobenen Schultern auf die Tür des Restaurants zuging, die Hand in der Hosentasche um das kleine Fläschen gelegt.
Er würde bis nach dem Hauptgang warten, bevor er sich auf die Toilette entschuldigte, das dürfte reichen.
Als er den noblen Schuppen betrat, bemerkte Catherina ihn sofort und winkte ihm. Dan ging zu ihr, küsste ihr links und rechts auf die Wange und nahm ihr gegenüber Platz.
Die weißen Elfenbeinstühle hatten Sitzkissen, die mit Samt überzogen waren, Dan liebte solche Stühle.
Er blickte sich um und sah an den voll besetzten Tischen ausschließlich glücklich wirkende Pärchen.
Wieder einmal stellte er sich die Frage: Warum mache ich das überhaupt? Wieso gehe ich mit solch schönen Frauen Essen, nehme sie mit nach Hause und schicke sie am nächsten Morgen mit dem Taxi nach Hause? Warum, wenn ich keine Frau fürs Leben haben kann?
Catherina riss ihn aus seinen Gedanken, als sie fragte: „Ich freue mich wirklich, dass sie mich heute Abend eingeladen haben, wie geht es ihnen?“
Dan versteckte seine Hände unter der Frottee Tischdecke, um das plötzlich aufgetretene Zittern seiner Finger zu verbergen. Dann holte er tief Luft und antwortete schließlich ein wenig fröhlicher als er es geplant hatte:“ In Gesellschaft einer solch bildhübschen Dame wie ihnen? Wie wird es mir da wohl gehen?“ Er lächelte sie mit seinem charmantesten Lächeln an.
Catherina's Wangen umspielte eine seichte Röte, während sie verlegen nach Worten suchte.
So ist es gut. Dan, du wickelst sie alle um den Finger. An diese Frau heranzukommen, wird das leichteste, was du jemals getan hast. Heute Nacht wird sie dein sein.
Ein gut gekleideter, junger Herr tauchte am Tisch auf, goss teuren Champagner ein und wollte schließlich mit höflicher Stimme wissen: „Guten Abend, die Dame, guten Abend der Herr. Was kann ich ihnen bringen?“
Dan blickte kurz in die Karte, die auf seinem Tisch lag und antwortete, zu Catherina gewandt, schließlich: „Wir nehmen den Hummer.“
Der Kellner nickte und verschwand.
Catherina grinste: „Ich liebe Hummer.“
Natürlich tust du das, alle Frauen mögen Hummer., lachte Dan in sich hinein.
Catherina schien der Hummer vorzüglich zu schmecken, ihr Begleiter jedoch aß kaum einen Bissen.
Auch wenn Dan den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte, Appetit hatte er keinen.
Es reicht also doch nicht.
Dan machte eine entschuldigende Geste und verdrückte sich auf die Toilette. Dort schloss er sich in einer Kabine ein und fuchtelte nervös in seiner Hosentasche herum, aber es dauerte einige Sekunden, bis er die kleine Flasche zu fassen bekam.
Die Spritze samt Kanüle steckten in der anderen Tasche, Dan nahm sie vorsichtig heraus.
Mit zittrigen Händen drehte er den Verschluss der Flasche auf und stellte sie auf dem Spülkasten ab, bis er die Kanüle auf der Spritze befestigt hatte.
Danach steckte er die Nadel in ein kleines Loch, dass er durch die dünne Kunststoffschicht an der Flaschenöffnung gestochen hatte und zog die Spritze auf.
Dan steckte das Fläschen wieder weg und nestelte seinen Gürtel aus den Schlaufen seiner Hose.
Dann band er ihn um seinen Oberarm und zog ihn bis ins letzte Loch, dass er eigens für diesen Zweck gemacht hatte.
Er fasste die Spritze, blickte kurz suchend über seine Armbeuge, bevor er schließlich zustach und abdrückte. Es brannte, aber nicht so schlimm, wie heute Mittag, diesmal war es nicht so viel.
Einige Minuten blieb Dan regungslos auf den Marmorfliesen sitzen, bevor er sich schließlich erhob, den Gürtel wieder anzog, die Spritze im Klo herunterspülte und mit wackeligen Schritten zum Waschbecken trat. Der Blick in den Spiegel überraschte ihn, er sah heute überraschend gut aus.
Catherina  würde nicht bemerken, dass er gerade Drogen genommen hatte, dazu war sie zu abgelenkt, das konnte er sehen. Und außerdem ging es ihm gut, ja, sehr gut sogar. Er schwebte auf Wolke sieben.



Zurück am Tisch wurde bereits der Hauptgang serviert.
Catherina hatte gefüllten Lachs mit Reis und Kaviarhäppchen bestellt, man sah ihr an, dass sie bereits auf Dan gewartet hatte.
„Da sind sie ja wieder.“, strahlte sie.
Dan nickte freundlich und sie aßen.
Mehr und mehr schob sich das Gefühl des Hungers in Dan's benebelten Kopf und er aß den großen Teller komplett leer, Catherina ließ fast die Hälfte liegen, um noch Platz für den Nachtisch zu haben.
Während sie aßen, redeten sie nicht, erst nachdem der Kellner wieder in der Küche verschwunden war, begann Catherina, Fragen zu stellen.“Sagen sie, Mr. Steelers, was machen sie denn so beruflich?“ Erst jetzt bemerkte Dan, dass sie ihn den ganzen Abend gesiezt hatte.
„Sie können gerne Dan zu mir sagen, liebe Ms. Snuff.“, bemerkte er höflich, bevor er fortfuhr. „Nun, ich arbeite beim Schlüsseldienst hier in der Stadt, das sollten sie aber eigentlich wissen. Immerhin haben sie vor zehn Tagen eine Prügelei vor unserer Zentrale unterbunden.“
Catherina grinste entzückt. „Nun ja, du bist mir aber bis zum Bistro in der Campten Street nachgelaufen, ich hatte keine Ahnung woher du gekommen bist.“
Dan grinste zurück. „Oh ja, sicher doch. Nun ja, jedenfalls bin ich dort seit einiger Zeit angestellt. Nebenbei verdiene ich etwas Geld mit dem Weiterverkauf von Antiquitäten. Briefmarken, Münzen, Möbel und so was.“
Catherina war begeistert und erzählte Dan mit funkelnden Augen von ihrer neuen weißen Kommode die sie heute erst geschenkt bekommen hatte und die nun in ihrem Schlafzimmer stand.
Weiße Kommode? „Sagen sie mal, Miss Snuff...“setzte Dan nun an: „Sie haben gerade von einer weißen Kommode gesprochen, kennen sie zufällig einen Ron? Ron Flanigan?“
Catherina erklärte ihm, dass sie Ron auf der Polizeischule in Neville kennen gelernt hatte und dass sie seitdem enge Freunde waren. „Er ist drei Mal durchgefallen, bevor er es aufgegeben hat.“, lachte Catherina und setzte nach kurzem Schweigen ein: „Heute arbeitet er als Angestellter in der Bank, er verdient gut Geld, wie es scheint.“
Natürlich tut er das, Catherina. Diese Schnösel kriegen einen Haufen Asche nach geworfen und machen sich nicht ein Mal im Leben die Hände richtig schmutzig., außer vielleicht mit ihren Steuerunterschlagungen. Na ja, der Staat eben.
Dan grinste und meinte schließlich:“ Na, dann bin ich ja froh, dass ich ihm das passende Geschenk für seine beste Freundin verkauft habe. Er ist einer meiner besten Kunden, müssen sie wissen.“ Er lächelte sie an.
Catherina wirkte einen Moment überrascht, doch dann musste sie laut lachen und Dan stimmte ein, mehr gespielt als echt. Dass sie von allen Tischen aus mit schiefem Kopf angestarrt wurde, war Cath egal. Und Dan scherte sich sowieso nicht darum, was andere von ihm dachten.


Es war schon weit nach zwölf Uhr, als Catherina und Dan das Restaurant verließen und von Bexter nun wieder auf dem Weg nach Xabour waren.
Sie fuhren in dem alten, frisch glänzenden VW-Käfer über die nassen Straßen, es war kaum Verkehr. Er hatte es wieder einmal geschafft, die Frau gehörte ihm. Zumindest für eine Nacht, danach musste er sie wieder gehen lassen.
Der Gedanke daran schmerzte ihn, sie war so wunderschön und so liebenswert. Aber er konnte einfach nicht, er konnte ihr nicht gestatten, in sein Herz zu schlüpfen, auch wenn Dan sich nicht sicher war, ob es dafür nicht bereits zu spät war. Er versuchte, die Glücksgefühle die ihn im Beisein von Catherina durchfluteten, zu verdrängen, aber es nützte nichts, sie ließen sich nicht vertreiben.
Also fand er sich damit ab, darum könnte er sich auch morgen früh noch kümmern.
Cath hatte während der ganzen Fahrt unaufhörlich geplappert und den Autoinnenraum mit dem Geruch von Minzbonbons geschwängert.
Einmal konnte Dan in etwa „Und  an der Nordsee, da war es schön.“ heraushören, bevor er wieder abwesend war, er nickte ab und zu, das schien ihr zu genügen.



Dan hielt auf der gegenüberliegenden Seite einer schicken Altbauwohnung. Er konnte sie nicht mit in sein anderes Haus in den Xabour Hills nehmen und das hatte einen Grund.
Die kleine Wohnung, die schon seit hundert Jahren da stand, hatte er von seiner Mutter geerbt und es war nicht zu übersehen, dass dringend etwas daran gemacht werden musste. Der ockerbraune Putz an den Ziegelsteinen blätterte ab, das Haus sah aus wie von Ratten zerfressen. Außerdem waren die Balken am Dach ziemlich durchgebogen und die Haustür sah aus, als wäre sie noch vor dem Haus hier gewesen.
Nachdem er die Haustür aufgeschlossen und ihr das Bad gezeigt hatte, stieg er unter einem Vorwand hinunter in den Keller.
In der Küche gab es eine kleine Abstellkammer und unter ihr befand sich der große Keller mit Lagerräumen für Ware jeglicher Art.
Mit zittrigen Gliedmaßen setzte Dan einen Fuß nach dem Anderen auf die Sprossen der stabilen Leiter.
Unten angekommen kramte er seinen Schlüssel aus der Hosentasche und schloss die schwere Stahltür auf.
Dann schritt er durch einen langen und engen Gang, der in mehrere kleine und große Räume führte. Sie bestanden aus Bretterwänden, nicht aus Beton wie der Gang, durch den man gehen musste.
Ganz hinten, im letzten und kleinsten Raum knipste er eine, an einem losen Kabel baumelnde, Glühlampe an.
Nachdem er einen Haufen Kartons mit Plunder aus dem Weg geräumt hatte, tastete er nach den kleinen Päckchen, die er hinter den Heizungsrohren versteckt hatte. Er konnte kaum etwas sehen, das Licht der Lampe schien nur sehr schwach und Fenster gab es keine.
Vorsichtig zog er die beiden Verpackungen hervor und betrachtete sie kurz.
Dann schnappte er sich ein verdrecktes Küchenmesser, dass auf einer uralten Kommode in der rechten unteren Ecke stand und schnitt es auf.
Angespannt nestelte er eine Kanüle heraus.
Bei dem Versuch, die andere Packung aufzuschneiden, rutschte er ab und schnitt sich in den Finger.
Innerlich fluchte er.
Scheiß Messer!
Wütend schleuderte er es gegen die Wand und riss mit seinen Zähnen ein Loch in das Plastik, um es mit den Fingern so weit aufzuziehen, dass er eine Spritze herausfischen konnte.
Er hatte gerade sein Heroinfläschen wieder weggesteckt, da raschelte etwas.
Dan hielt inne und lugte durch einen Spalt in der Bretterwand.
War das Catherine?
Um Himmels Willen, bitte nicht!
Doch es kam niemand, alles war wieder so ruhig und leblos, wie er es kannte.
War bestimmt schon wieder so ein dreckiges Rattenvieh!
Langsam nahm die Wut über die kleinsten Malheure Überhand, Dan stach ohne nachzudenken auf seinen Arm ein und versenkte die feurig brennende Flüssigkeit in seiner Ader.
Die Spritze fiel zu Boden, erschöpft ließ er sich auf die Knie sinken.
Das dass nur immer so anstrengend sein musste.
Er hatte Mühe, den Kopf hoch zu halten und nicht einfach umzukippen und mit dem Kopf auf den harten Beton zu knallen. Er hasste es, in dieses kalte und stinkende Loch hinuntersteigen zu müssen. Zuhause hatte er sich ein zehn Mal so großes Imperium für seine Antiquitäten geschaffen. Aber dort gab es auch niemanden, der ihm im Weg stand. Selbst wenn er bis China einen Tunnel nach unten graben wollte, so würde niemand etwas dagegen sagen.


Es dauerte fünf Minuten, bis er wieder aufstehen und normal laufen konnte. Er hatte wie immer ein wohliges Gefühl im Magen, frühere Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen und anderes hatte er schon lange nicht mehr. Munter kam er hinauf ins Schlafzimmer, Cath saß auf dem Bett und bewunderte die Schnitzereien an den Pfosten. Sie schien sich nicht zu wundern, dass Dan so lange weg war.
Mit brennendem Verlangen sah er sie an. Wie schön sie war, wenn sie so auf seinem großen Bett hockte. Catherina schien es zu bemerken, sie lächelte ihn an und winkte ihn zu sich. Ihre Augen glänzten, sie hatte sich in diesen tollen Mann verliebt. Dass es in Wahrheit nichts Tolles an ihm gab, ahnte sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht.



Am Morgen war Dan vor Catherina wach. Aber irgend etwas war gewaltig schief gelaufen, das konnte er spüren.
Nervös blickte er sich in seinem Schlafzimmer um.
Alles war noch genau so, wie es sein sollte.
In seinem Keller konnte auch niemand gewesen sein, hier oben wohnte er ganz allein und außerdem hatte er den Schlüssel für die stabile Stahltür immer bei sich.
Zur Sicherheit tastete er nach dem Schlüssel an seiner Schlafhose.
Was war das denn? Er blickte perplex an sich herunter, da war nur nackte Haut.
Sofort dämmerte ihm, dass er einen Fehler begangen hatte, trotzdem drehte er sich schlagartig nach rechts. Oh mein Gott. Fassungslos starrte er die junge Frau an, die zusammengerollt neben ihm lag.
Er hatte es wirklich getan? Wieso hat er das gemacht?
Sie war hier, lag nackt in seinem Bett und schlief.
Verdammte Scheiße!
Er konnte sich offensichtlich nicht mehr daran erinnern, sie mit genommen zu haben, das hatte er sich strengstens verboten, als er sie eingeladen hatte. Es war nicht unwahrscheinlich, dass er sich seit seiner doppelten Dosis gestern Mittag nur noch an Bruchstücke der vergangenen Stunden erinnern konnte.
Pass auf, Dan. Gleich liegt noch die Frau des Präsidenten sturzbetrunken in deiner Küche., lachte er sarkastisch, bevor er schließlich begann, zu fluchen.
Das muss das scheiß Heroin gewesen sein.
Na, das war ja ganz große Klasse. Er hatte eine Polizeibeamtin bei sich im Bett liegen, in seiner Drogenbude.
Klasse Leistung Dan, wirklich!
Ob er sie aufwecken sollte?
Er beschloss, sie ausschlafen zu lassen und sich erst einmal einen Schuss Entspannung zu gönnen, er musste runterkommen, damit er ihr nichts anmerkte.
Wieder einmal grinste er heimlich in sich hinein, während er die Betonstufen hinunterstieg.
Er war ein Meister darin, etwas zu verstecken, dass musste er sich lassen.
Trotzdem war es gefährlich für ihn mit dieser Frau im Haus, das hätte er nicht tun dürfen, dass weiß er.
Aber es ist nun mal passiert, er konnte jetzt also nur noch hoffen, dass er Catherina hier rauskriegen würde, ohne dass sie etwas bemerkte oder Fragen stellte.
Verdammt nochmal.
In zwei Stunden musste Dan auf seiner Arbeitsstelle antanzen, konnte diese Frau denn nicht endlich aufwachen? Musste sie denn nicht auch arbeiten?
Er beschloss, sie nun doch zu wecken, er hatte keine Zeit mehr.
Cath blickte verschlafen in seine Augen.
„Was soll denn das?“, fragte sie mürrisch.
Hä, was war denn jetzt los?
Eigentlich war er sauer auf Catherina, er musste bald zur Arbeit und sie lungerte immer noch in seinem Bett herum, für gewöhnlich waren die Frauen bei den ersten Sonnenstrahlen wieder verschwunden.
Aber irgend etwas in ihrem Blick ließ ihn sich entspannen, er antwortete nur:“Es ist Zeit aufzustehen, Miss Snuff. Ich muss zur Arbeit und sie auch.“
„Oh“ . Sie blickte entschuldigend in seine Augen.
Dan drehte sich instinktiv von ihr weg. Diese anthrazitfarbenen, wundervollen Augen. Er konnte nicht hineinsehen, diese Augen würden seinen sicheren Tod bedeuten. Sie waren wie ein Gift, dass ihn Stück für Stück und leise umbringen würde.
Wenn er sich in diese Augen verlieben würde, es wäre vorbei mit ihm.
Doch vielleicht hatte er genau dies schon längst getan.
Plötzlich spürte er weiche Hände an seinen Wangen, es waren ihre.
Sie drehte seinen Kopf sanft zu dem ihren, er wollte sich wehren, aber er konnte nicht.
Es war, als hätte er ihr befohlen, sich nicht zu bewegen, alles in ihm schrie danach, weg zu laufen.
Sie küsste ihn auf den Mund und fragte dann, wann er auf der Arbeit sein musste.
„In zwei Stunden.“, säuselte er blind vor den Augen, die ihn mit diesem sternhellen Funkeln fixierten.
Catherina grinste ihn an, es war ein merkwürdiges Grinsen und wie sich zeigen wird, sollte es keine allgemeine Fröhlichkeit ausdrücken.



Wenige Minuten nach diesem unfassbaren Grinsen, einem breiten Grinsen, dem man nicht entfliehen konnte, war es passiert. Er hatte einen weiteren Fehler begangen.
Fasziniert betrachtete er den Körper der jungen Frau, wie die Wasserstrahlen an ihrer Haut abprallten. Wie sollte er nur je wieder von ihr los kommen? Er kannte sie gerade einmal ein paar Stunden und doch wusste er, dass sie es war. Sie würde ihn retten, bald würde sie seine Heroine (dt.Heldin) sein. Er wusste es, und er konnte rein gar nichts dagegen tun. Dennoch lies ihn die Sache nicht los.
Irgendetwas stimmte mir ihr nicht, wieso riss sie seine Mauern mit solch einer Leichtigkeit ein? Wieso stand er jetzt hier mit ihr? Und das gestern...
Es war aussichtslos. Er würde nicht herausfinden können, was sie so unwiderstehlich machte.
 Sie war eine so tolle, bodenständige Frau und ein Teil von ihm wollte sie wieder sehen, sie in die Arme schließen und niemals mehr gehen lassen.
Verdammte Kacke, Dan! Reiß dich zusammen, dass ist nur eine Frau.
Eine Frau wie jede andere.

Als er stumm den letzten Satz sprach, tat es einen Stich in seinem Herzen.
Auch wenn es offensichtlich war, er kämpfte dagegen an.
Das durfte doch nicht wahr sein.
Was sollte er jetzt machen? Dagegen kämpfen oder es zulassen, geliebt zu werden?
Sie könnte ihn niemals so sehr lieben, wie seine Mutter es getan hatte.
Bei dem Gedanken daran füllten sich seine Augen mit Tränen, er stellte sich zu Cath unter den
Wasserstrahl, während das kalte Wasser die warmen Tränen wegspülte.
Nachdem Cath sich angezogen hatte, trat auch Dan aus der Dusche, er vermied es ihr dabei zuzusehen, auch wenn es ihn Mühe kostete.
Sie hatte die ganze Zeit kein einziges Wort gesagt, ihn nur angeschaut, ihr Blick war wie ein unsichtbares Seil, dass ihn immer mehr zu ihr hin zog, bis er schließlich ein zweites Mal sein Todesurteil unterschrieben hatte.
Es gab keinen Ausweg, nein. Er war ihr hoffnungslos verfallen.
Unfähig etwas zu sagen sah er sie an. Sie lächelte, warm und freundlich, aber vor allem schien sie glücklich, so glücklich.
Dan konnte sie nicht einfach raus werfen, so etwas hatte sie nicht verdient.
Die letzten Stunden waren seine schönsten seit dem Tod seiner Mutter und das durfte und konnte er nicht ignorieren. Auch wenn es Probleme geben würde, er kam nicht mehr von ihr los. Es war so wenig passiert und doch war es so unglaublich viel.


Dan trat aus der Tür auf die Straße, dicke Regenwolken hingen über der Altbauwohnung. Cath lehnte sich an seine Schulter.
Es fühlte sich falsch an, aber auch so gut, dass er sie einfach nicht zurückweisen konnte.
So standen sie eine Weile, bevor Dan sie sanft von sich schob und ihr mit einem Handzeichen befahl, ihm zum Auto zu folgen.
Er würde sie vor dem Revier absetzen, bevor er weiter zur Schlüsseldienstzentrale fuhr.


Eine halbe Stunde später hielt der blaue Käfer auf der Straßenseite gegenüber des Polizeireviers.
Cath sah Dan in die Augen, küsste ihn und grinste über das ganze Gesicht. Sie flüsterte ihm ein „Ich liebe dich“ ins Ohr, bevor sie ausstieg und die Tür zu schlug.
Dan atmete tief durch. Puh.
Nun stand es endgültig fest, er hatte es vermasselt.
Sie hatte sich in ihn verliebt, was nicht einmal schlimm war.
Alle Frauen, mit denen er sich traf, verfielen seinem Charme.
Das schlimme war, dass er sie auch liebte und das durfte nicht sein.
Frustriert setzte er den Wagen wieder in Gang und ratterte Richtung West Xabour, das Radio bis zum Anschlag aufgedreht und in Gedanken bei der unglaublich tollen Frau, die er erst gestern Abend kennen gelernt hatte, aber schon heute nie wieder alleine lassen wollte.
Vier Kilometer weiter bog er in eine kleine Seitenstraße ein, wo er den Wagen anhielt und mit zittrigen Händen in seine Hosentasche fasste.
Moni
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