Kapitel 3 Liebe macht dumm
Seite 1 von 1
Kapitel 3 Liebe macht dumm
Währenddessen in Zimmer 36 des Polizeireviers in Xabour...
Eine junge Frau saß auf einem modischen Lederstuhl und sah den Rotorblättern des Deckenventilators gedankenversunken beim kreisen zu.
Vor ihr auf dem hellen Holzschreibtisch lagen etliche Akten, die alle noch bearbeitet werden mussten. Doch Cath rührte sich nicht, sie starrte nur den Ventilator an.
Du musst das beenden!, schimpfte ihr Unterbewusstsein. Catherina's Herz jedoch sagte etwas anderes. In ihrem Kopf blitzte ein Bild auf, ihr Herz und ihr Verstand buhlten um ihre Aufmerksamkeit, schubsten und schlugen sich.Wer gewinnen würde, konnte sich nicht sehen.
Der Kampf war noch nicht entschieden.
Was soll ich nur machen?
Catherina trommelte mit ihrem Kugelschreiber auf der Tischplatte. Trommel, trommel, trommel.
Plötzlich klopfte jemand an die Tür.
Cath schnappte sich eine der Akten, klappte sie auf und tat so, als würde sie in ihr lesen.
Dann antwortete sie mit ihrer bestmöglichen festen Stimme: „Ja bitte?“
Es war Joshua.
Er öffnete die Tür und trat ein.
Catherina bewunderte ihren Arbeitskollegen, er lief immer picobello hier auf.
Josh war wie gemacht für den Job als Polizisten. Alles stimmte, er war topfit und sehr ehrgeizig und
die Uniform, die passte sowieso perfekt zu Menschen wie ihm.
Cath betrachtete das Namensschild an seiner Brust. Special Officer Joshua Gumball.
Er war so ein guter Mensch und dazu noch so erfolgreich.
Plötzlich kam sie sich dumm vor, sie als einfache Streifenpolizistin in der Gegenwart eines Special Officer's.
Na ja, mach dir nichts draus. Vielleicht bekommst du ja heute Bescheid, ob deine Weiterbildung zur Polizeitaucherin genehmigt wurde.
Seit sie denken konnte, war es ihr größter Wunsch, für das Gesetz zu tauchen.
Leider kam sie um die jahrelange Arbeit als gewöhnliche Polizistin nicht herum und so saß sie hier, eine einfache Streifenpolizistin.
Die ersten Jahre musste sie sich durch ihren Beruf quälen, wirklich viel Action gab es für sie nie.
Aber mittlerweile gefiel es ihr ganz gut, sicher würde sie es ein wenig vermissen, ihre größtenteils netten Kollegen immer um sich, ihren Schreibtisch, ja, ihr ganzes Büro.
Trotzdem freute sie sich darauf, bald in dunklen Gewässern nach Leichen zu tauchen, sie betete, dass man ihr die Weiterbildung ermöglichen würde.
Josh, der breitbeinig da stand und Cath zunächst besorgt ansah, platzte in Cath's Gedanken: „Der Chef hat gesagt, ich soll dir das geben.“ Er drückte ihr eine weitere Akte in die Hand. Dann sagte er: „Irgendwo hier in der Nähe, Xabour glaub ich, wurde in letzter Zeit vermehrt auf einen roten Lastwagen aufmerksam gemacht, der wohl ohne Grund alle paar Wochen hinauf in die Xabour Hills fährt. Wir können uns eigentlich nicht vorstellen, was er da oben macht. Soweit ich weiß, gibt es da weit und breit kein Haus, nur Natur und wilde Tiere. Jedenfalls sollst du dir das mal genauer ansehen.
Er kratzte sich an seinem gestutzten Bart, bevor er fortfuhr:“Der Chef will, dass du zusammen mit Stevenson und Chefferson mal hinauf fährst und die Gegend ein wenig erkundest. Ach ja, und du sollst Jim mitnehmen, falls es brenzlig wird.“
Verärgert blickte Cath ihren Kollegen an.
Soll das ein Witz sein?Wenn es brenzlig wird...Ich bin nicht erst seit ein paar Wochen im Dienst.
Eigentlich hatte sie keine große Lust auf diesen Einsatz, aber was sollte sie machen.
Catherina nickte, Josh verabschiedete sich und verschwand.
Als die Tür ins Schloss gefallen war, wippte Cath unruhig auf ihrem Stuhl herum.
Die Xabour Hills? Weit und breit kein Haus?
Dan wohnt doch da oben...
Kurz erwischte sie sich beim Gedanken, ihre neue Liebe könnte irgendwelche krummen Dinger drehen, aber sie tadelte sich mit einem Kniff in die Armbeuge und blätterte in der Akte, die ganz oben auf dem Stapel lag.
Xabour Hills... roter Lastwagen... alle paar Wochen... weit und breit kein Haus...
Sie verstand es nicht. Dan wohnte da oben, sie kannte sich zwar nicht besonders gut in Xabour aus, dennoch war sie sich da ziemlich sicher, dass sie die letzte Nacht genau dort verbracht hat, in den Xabour Hills.
Und dieser Lastwagen, keine Ahnung was es damit auf sich hatte. Aber sicher gab es eine logische Erklärung. Und sie hatte auch eine Vermutung. Dan verkaufte Antiquitäten und eben diese mussten ja auch irgendwie zu ihm nach Hause gebracht werden. Dennoch blieb eine Frage offen. Wieso gingen ihre Kollegen davon aus, da oben würde niemand wohnen?
Auch wenn ihr langsam etwas mulmig wurde, sie glaubte immer noch fest daran, dass es auch dafür eine Erklärung geben würde. Und nun hatte sie die Gelegenheit, genau diese Frage zu klären, für sich selbst.
Entschlossen schob sie den Aktenstapel beiseite und griff zum Telefon. „Hallo Cindy, Snuff hier. Wären sie so nett, mir Richard Stevenson, Max Chefferson und Jim Pasto in mein Büro zu schicken?“, bat sie freundlich.
Die andere Stimme am Telefon antwortete sofort: „Natürlich Cath, kein Problem. Die sind in null komma nix bei dir oben.“
„Danke“ Cath hängte auf und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück.
Es dauerte keine zehn Minuten, da standen ihre Kollegen uniformiert und scheinbar in Topform in ihrem Büro. Jim hüpfte ungeduldig vom einen auf das andere Bein.
Cath fiel auf, dass er mal wieder übertrieben hatte, was seine Ausstattung angeht.
Eine kugelsichere Weste und zwei Glock17.
Hallo? Das hier ist nur eine Erkundung, du Trottel. Hast du etwa Angst die Tiere schießen auf uns?
Sie verkniff sich die blöde Bemerkung und steckte ihren Revolver in das Halfter an ihrer Hose, bevor sie alle nacheinander begrüßte und ihnen schließlich erklärte, wieso sie hier waren.
Nachdem sie ihre Kollegen mit der bevorstehenden Aufgabe vertraut gemacht hatte, setzte sie sich ans Steuer ihres Dienstwagens und drehte den Schlüssel um. Richard nahm neben ihr Platz.
Sie war froh, dass sie nicht mit Jim fahren musste, sie konnte ihn nicht wirklich leiden und auch Chefferson war nicht gerade ein angenehmer Beifahrer mit seinen andauernden Zurechtweisungen, was Cath's Fahrstil angeht.
Oben im Büro hatte sie, nachdem Josh aufgetaucht war, keine Zeit gehabt, über sich und Dan nach zu denken, aber nun zwängten die Gedanken sich in den Vordergrund, während sie gemütlich die Interstate 6 entlang fuhren.
Der Gedanke daran, ihn gehen zu lassen, tat ihr schrecklich weh, Cath schloss nicht aus, dass sie kaum merklich zusammen zuckte. Rich schien jedenfalls nicht zu merken, er war damit beschäftigt, im Handschuhfach herum zu kramen. Was er da wohl suchte? Es war ihr egal.
Du weißt ganz genau wie es damals war! Lass nicht zu, dass dir so etwas noch einmal passiert! Halte dich von ihm fern! Die Männer sind alle gleich, du musst ihn vergessen, sofort!
Die Worte ihres Unterbewusstseins prasselten wie Faustschläge auf sie ein, ihr Kopf brummte und ihre Gedanken drehten sich unaufhörlich im Kreis.
Hör auf dein Herz, zu liebst ihn. Bleib von ihm weg! Er ist so lieb zu dir. Du weißt wohl nicht mehr, was damals passiert ist? Lass die Vergangenheit hinter dir, er ist, was du brauchst. Er wird dir weh tun!
Catherina wurde übel, sie unterdrückte ein Würgen und konzentrierte sich wieder auf das Fahren.
Sie hatte keine Lust, ihrem Kollegen erzählen zu müssen, was los war. Das würde sie zu einem geeigneten Zeitpunkt mit sich selbst ausmachen.
Allmählich kamen die Beiden in ländliches Gebiet. Hier waren überall Kastanienbäume an der Straße, kleine Wälder, wilde Sträucher. Hier irgendwo musste es sein. Als sie gestern Abend mit Dan hier entlang gefahren war, stand bereits der Mond am Himmel, der jedoch von den Regenwolken verdeckt wurde, aber sie war sich sicher, richtig zu sein. Außerdem hätte Richard sie schon zurecht gewiesen, so wie er es immer tat. Auch an diesem Tag hingen dicke dunkle Wattebäusche am Himmel, es war nur noch eine Frage der Zeit, bis es wieder regnete. Catherina hasste den Herbst. Es war kalt und nass, wie in einem feuchten Kellerloch in einem alleinstehenden Haus in den Xabour Hills...
Kurz vor dem Ortsende entdeckte sie einen Kiosk.
Cath parkte auf der gegenüberliegenden Straßenseite, entschuldigte sich bei Rich, der immer noch im Handschuhfach herum wühlte, huschte auf die andere Seite der Straße und betrat den Laden.
Kurze Zeit später kam sie wieder heraus, eine Schachtel Zigaretten in der Hand.
Sie hatte nun schon seit zwei Jahren nicht mehr geraucht, aber das musste jetzt sein, sie würde den Tag nicht überleben.Sie hatte sich ein Feuerzeug gekauft und zündete eine Zigarette an.
Puuuuuh.
Es kratzte ein wenig im Hals, dennoch hatte Cath das Gefühl, sich ein wenig besser zu fühlen.
Sie ging wieder zum Auto, lehnte sich gegen die Motorhaube und rauchte weiter.
Es dauerte eine ganze Weile, bis Richard sie bemerkte, er war wohl fertig mit suchen.
Ein wenig verwirrt öffnete er das Fenster und meinte:“ Ich dachte, du hast aufgehört, zu rauchen.“
Cath erwiderte nur:“ Ja, das hatte ich.“
Ihr Kollege schien zu verstehen, dass sie nicht darüber reden wollte, also kurbelte er das Fenster wieder hoch und wartete.
Eine halbe Stunde später parkten beide Streifenwagen auf dem großen Parkplatz kurz vor den Xabour Hills. Von hier aus würden sie zu Fuß weitergehen, mit einem Auto waren die Hügel schwer zu erreichen, auch wenn der besagte Lastwagen wohl alle paar Wochen hinauffuhr.
Als sie ausstiegen, zündete Cath sich eine weitere Zigarette an, das brauchte sie bei all dem Chaos in ihrem Kopf. Sie ermahnte sich immer wieder, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren und die Sache mit Dan bis später ruhen zu lassen. Und mittlerweile klappte es ganz gut.
Nach einer kurzen Besprechung machten sie sich auf den Weg. Catherina und Richard sahen sich auf dem Westhang um, Jim und Max liefen den Osthang ab. Wenn jemand etwas erwähnenswertes finden würde, könnte er ja funken. Cath aber rechnete nicht damit, etwas zu finden.
Zumindest nichts, was auf kriminelle Machenschaften hinweisen könnte.
Andererseits gab es hier laut Josh keine Menschen, es könnte also gut sein, dass sich jemand genau das zu Nutze gemacht hat und nun ungehindert seine Verbrechen plante und durchführte. Was dann Dan sein müsste, aber Catherina hoffte inständig, dass sich tief in den Wäldern jemand anderes versteckt, falls in den Bergen wirklich krumme Dinger passieren sollten. Dass Dan's Haus offensichtlich nicht beim Einwohnermeldeamt registriert war, bedachte sie nicht. Sie trug die berühmte rosa Brille.
Schon nach fünf Minuten auf dem steilen Hang taten ihr die Füße weh.
Sie war vor nicht einmal vierundzwanzig Stunden zwar auch hier gefahren, dachte sie zumindest, aber sie hatte so viel Champagner getrunken, dass sie die Fahrt, die holprig gewesen sein musste, nicht wirklich wahrgenommen hatte. Hoffentlich hatte sie nicht so viel geplappert, wie es nun mal ihre Art war, wenn sie getrunken hatte. In Wahrheit war sie nur zu verliebt, zu abgelenkt, um sich daran zu erinnern, dass sie heute Morgen vor einer Altbauwohnung in der Buston Street in Xabour aufgewacht war. Zu groß war die Angst, ihre lang ersehnte Liebe könnte irgendwelchen Unsinn machen und sie müsste ihn hinter Gittern besuchen kommen.
Stück für Stück lief sie mit Rich den Hang ab und warf einen flüchtigen Blick in alle Richtungen. Sie stocherte mit einem Ast in den Büschen und Gräsern herum.
Ihrer Meinung nach hatte es keinen Zweck, jeden Stein doppelt umzudrehen.
Ob sie außer dem Haus von Dan wohl sonst etwas erwähnenswertes finden würden?
Wo stand sein Haus überhaupt? Sie wusste es nicht mehr genau, aber sie würde es schon finden.
Es dauerte fast vier Stunden, bis alle wieder am Parkplatz zusammenfanden. Gefunden hatte niemand etwas, da oben schien es wirklich keine Häuser beziehungsweise Menschen zu geben.
Cath war sich eigentlich sicher, dass Dan in den Xabour Hills wohnte, aber sie hatte das Haus nicht gesehen, genau so wenig, wie ihre Kollegen. Vielleicht hatte sie doch zu viel Champagner getrunken und ihr Gedächtnis strafte sie nun mit falschen Erinnerungen.
Jim und Max hatten auf ihrer Erkundungstour eine Reihe steiler Felswände entdeckt, was dahinter war, wussten sie nicht. Jedenfalls hatten sie keine Lust, sich die Knochen zu brechen, nur weil ein paar kleine Verdachtsmomente bezüglich dieses roten Lastwagens im Raum standen. Und immerhin
hatte Kitson, ihr Chef, nur gemeint, sie sollen sich mal umsehen, also keine große Sache.
Sie rechneten ohnehin nicht damit, dass sich jemand die Mühe machen würde, da hinten dran zu klettern oder wie auch immer zu fahren. Wenn sie doch wenigstens Reifenspuren gefunden hätten.
Enttäuscht stiegen die Polizisten in ihre Wagen und fuhren los, zurück zur Dienststelle.
Nur noch drei Stunden, dann würde Catherina Feierabend haben...Nur drei Stunden, das war leicht dahingeredet.
Zurück auf dem Revier plünderte sie erst einmal den Kaffeeautomaten. Ein Becher nach dem Anderen landete auf ihrem Tisch, während sie überraschend konzentriert den Aktenstapel durchging und etwas in ihren Computer tippte. Ab und zu zündete sie sich eine Zigarette an, dass es in den Büros verboten war, zu rauchen, interessierte sie nicht. Würde sie heute irgendjemand dumm anmachen, sie würde ungemütlich werden. Es war nicht ihr Tag, nicht nach dem, was sie und Dan getan hatten. Sie hielt es für falsch und doch für richtig, aber das Einzige was sie im Moment interessierte, war dass es gut war. So glücklich war sie schon lange nicht mehr. Und die nächsten Stunden, mit etwas Glück Tage würden entscheiden, ob sie dieses wunderschöne Gefühl neben diesem einen besonderen Menschen zu liegen, noch einmal erleben durfte,
Nun aber musste sie sich erst einmal durch die ganzen Akten kämpfen. Nachdem sie einen Teil des Stapels bearbeitet hatte, kramte sie noch einmal die Akte Xabour Hills hervor und sah sie sich noch einmal genau an.
Alles, was erwähnt wurde, war dass es eine ältere Dame gab, die sich schon einige Male über den roten Lastwagen gewundert hat, ihr Name war Becca Chepsi. Catherina kannte sie, in den letzten drei Monaten hatte sie vermehrt mit ihr zu tun gehabt. Becca war Rentnerin, ledig und hatte keine Kinder. Ihre Zeit verbrachte sie damit, von ihrem Küchenfenster aus Falschparker zu verpfeifen oder rauchende Jugendliche zurecht zu weisen. Sie nannte sich selbst freiberufliche Polizistin, insgeheim konnte das ganze Revier darüber nur grinsen. Dennoch war es ihre Pflicht, die Anzeigen aufzunehmen, ob es wichtigeres zu tun gab oder nicht.
Das einzige was noch fehlen würde, wäre dass sie anfängt Buch zu führen oder Fotos zu machen. Das würde uns vielleicht weiterhelfen. Ratlos schmiss Cath die Akte auf den Tisch und tippte fleißig in ihren Computer. Nachdem sie ihren Bericht beendet hatte, schaute sie enttäuscht auf ihren Monitor. Keine Verdachtsmomente, keine Wohngebiete, nicht einmal eine kleine Holzhütte. Das mit der Holzhütte wagte sie nicht, einzutippen. Stattdessen spukte der Satz in ihrem Kopf herum.
Die Bilanz enttäuschte sie, Cath mochte es nicht, als Versagerin da zu stehen.
Verbissen überlegte sie, ob sie etwas übersehen haben könnte. Rings um die Xabour Hills herum gab es ihres Wissens nach hunderte Kilometer weit nur Wiesen und Wälder, dass hatte sie der großen Karte, die in ihrem Büro hing, entnommen.
Wenn sie sich nun die Karte noch einmal ansah, schien es ihr gar nicht mehr so abwegig, dass jemand da oben war. Kilometerweit nur Wiese und Wald, perfekt gelegen.
Oh Dan, ich hoffe inständig, dass du keinen Unsinn gemacht hast.
Cath grübelte weiter.
Dass der Lastwagen sich nur auf der Durchfahrt befand, hielt Catherina für mehr als unwahrscheinlich, immerhin gab es einen Highway in die umliegenden Städte rings um die Hills, die außerdem über hundert Kilometer von den Bergen entfernt lagen.
Plötzlich kam ihr eine Idee. Sie hatte keine Ahnung, wieso sie Dan's Haus nicht gefunden hatte, aber das war eigentlich gar nicht das Problem. Auch wenn sie es nicht gesehen hatte, es müsste theoretisch beim Einwohnermeldeamt registriert sein. So könnte sie wenigstens feststellen, ob sie sich nicht geirrt hatte und vielleicht doch nicht in den Xabour Hills übernachtet hatte.
Entschlossen wählte sie die Kurzwahl zwei und wartete.
„Ja, hallo?“, säuselte die Sekretärin des Reviers gewohnt freundlich ins Telefon.
Cath musste kurz grinsen, bevor sie mit ernster Stimme wissen wollte:“Cindy, hallo. Könntest du mir bitte die Telefonnummer vom Einwohnermeldeamt geben?“
Die Sekretärin antwortete:“Kommt sofort, Cath.“
„Danke“
Nicht einmal zwei Minuten später saß sie da, auf ihrem Stuhl, das Telefon am Ohr.
Man bedauerte, dass niemand in den Bergen um Xabour gemeldet war, die Frau am anderen Ende der Leitung schien es sogar lustig zu finden, dass Catherina überhaupt nachgefragt hatte.
Solche Leute gingen ihr auf die Nerven, aber sie blieb höflich.
Nachdem sie sich erkundigt hatte, unter welcher Adresse der Name Dan Steelers gemeldet war, bekam sie sogleich eine Adresse gefaxt.
Dan Steelers
Buston Street 1678
Xabour
Er wohnte also in Xabour, sie hatte sich nicht gänzlich getäuscht. Die Sache mit den Hills war allerdings ein Griff ins Leere.
Buston Street? Dass ist nicht weit von hier weg. Ich werde morgen mal vorbeifahren.
Catherina schob den Aktenordner mit der Aufschrift Verdächtiges Fahrzeug in den Xabour Hills beiseite und kümmerte sich um ihren anderen Kram. Ab und zu zündete sie sich eine Zigarette an, dass es in den Büros verboten war zu rauche, interessierte sie nicht. Heute durfte sich niemand erlauben, ihr irgendetwas zu verbieten, sie würde an die Decke gehen.
Es gab keine weiteren Zwischenfälle mehr, also verließ sie ganz normal um Punkt acht Uhr ihr Büro.
Kurze Zeit später saß sie in Richard's Auto, der sie nach Hause fuhr. Zum Glück hatte sie ihn draußen auf dem Parkplatz noch getroffen, sie hatte ganz vergessen, dass Dan sie heute Morgen hergefahren hatte und ihr Auto zu Hause in Brooks stand.
Eine junge Frau saß auf einem modischen Lederstuhl und sah den Rotorblättern des Deckenventilators gedankenversunken beim kreisen zu.
Vor ihr auf dem hellen Holzschreibtisch lagen etliche Akten, die alle noch bearbeitet werden mussten. Doch Cath rührte sich nicht, sie starrte nur den Ventilator an.
Du musst das beenden!, schimpfte ihr Unterbewusstsein. Catherina's Herz jedoch sagte etwas anderes. In ihrem Kopf blitzte ein Bild auf, ihr Herz und ihr Verstand buhlten um ihre Aufmerksamkeit, schubsten und schlugen sich.Wer gewinnen würde, konnte sich nicht sehen.
Der Kampf war noch nicht entschieden.
Was soll ich nur machen?
Catherina trommelte mit ihrem Kugelschreiber auf der Tischplatte. Trommel, trommel, trommel.
Plötzlich klopfte jemand an die Tür.
Cath schnappte sich eine der Akten, klappte sie auf und tat so, als würde sie in ihr lesen.
Dann antwortete sie mit ihrer bestmöglichen festen Stimme: „Ja bitte?“
Es war Joshua.
Er öffnete die Tür und trat ein.
Catherina bewunderte ihren Arbeitskollegen, er lief immer picobello hier auf.
Josh war wie gemacht für den Job als Polizisten. Alles stimmte, er war topfit und sehr ehrgeizig und
die Uniform, die passte sowieso perfekt zu Menschen wie ihm.
Cath betrachtete das Namensschild an seiner Brust. Special Officer Joshua Gumball.
Er war so ein guter Mensch und dazu noch so erfolgreich.
Plötzlich kam sie sich dumm vor, sie als einfache Streifenpolizistin in der Gegenwart eines Special Officer's.
Na ja, mach dir nichts draus. Vielleicht bekommst du ja heute Bescheid, ob deine Weiterbildung zur Polizeitaucherin genehmigt wurde.
Seit sie denken konnte, war es ihr größter Wunsch, für das Gesetz zu tauchen.
Leider kam sie um die jahrelange Arbeit als gewöhnliche Polizistin nicht herum und so saß sie hier, eine einfache Streifenpolizistin.
Die ersten Jahre musste sie sich durch ihren Beruf quälen, wirklich viel Action gab es für sie nie.
Aber mittlerweile gefiel es ihr ganz gut, sicher würde sie es ein wenig vermissen, ihre größtenteils netten Kollegen immer um sich, ihren Schreibtisch, ja, ihr ganzes Büro.
Trotzdem freute sie sich darauf, bald in dunklen Gewässern nach Leichen zu tauchen, sie betete, dass man ihr die Weiterbildung ermöglichen würde.
Josh, der breitbeinig da stand und Cath zunächst besorgt ansah, platzte in Cath's Gedanken: „Der Chef hat gesagt, ich soll dir das geben.“ Er drückte ihr eine weitere Akte in die Hand. Dann sagte er: „Irgendwo hier in der Nähe, Xabour glaub ich, wurde in letzter Zeit vermehrt auf einen roten Lastwagen aufmerksam gemacht, der wohl ohne Grund alle paar Wochen hinauf in die Xabour Hills fährt. Wir können uns eigentlich nicht vorstellen, was er da oben macht. Soweit ich weiß, gibt es da weit und breit kein Haus, nur Natur und wilde Tiere. Jedenfalls sollst du dir das mal genauer ansehen.
Er kratzte sich an seinem gestutzten Bart, bevor er fortfuhr:“Der Chef will, dass du zusammen mit Stevenson und Chefferson mal hinauf fährst und die Gegend ein wenig erkundest. Ach ja, und du sollst Jim mitnehmen, falls es brenzlig wird.“
Verärgert blickte Cath ihren Kollegen an.
Soll das ein Witz sein?Wenn es brenzlig wird...Ich bin nicht erst seit ein paar Wochen im Dienst.
Eigentlich hatte sie keine große Lust auf diesen Einsatz, aber was sollte sie machen.
Catherina nickte, Josh verabschiedete sich und verschwand.
Als die Tür ins Schloss gefallen war, wippte Cath unruhig auf ihrem Stuhl herum.
Die Xabour Hills? Weit und breit kein Haus?
Dan wohnt doch da oben...
Kurz erwischte sie sich beim Gedanken, ihre neue Liebe könnte irgendwelche krummen Dinger drehen, aber sie tadelte sich mit einem Kniff in die Armbeuge und blätterte in der Akte, die ganz oben auf dem Stapel lag.
Xabour Hills... roter Lastwagen... alle paar Wochen... weit und breit kein Haus...
Sie verstand es nicht. Dan wohnte da oben, sie kannte sich zwar nicht besonders gut in Xabour aus, dennoch war sie sich da ziemlich sicher, dass sie die letzte Nacht genau dort verbracht hat, in den Xabour Hills.
Und dieser Lastwagen, keine Ahnung was es damit auf sich hatte. Aber sicher gab es eine logische Erklärung. Und sie hatte auch eine Vermutung. Dan verkaufte Antiquitäten und eben diese mussten ja auch irgendwie zu ihm nach Hause gebracht werden. Dennoch blieb eine Frage offen. Wieso gingen ihre Kollegen davon aus, da oben würde niemand wohnen?
Auch wenn ihr langsam etwas mulmig wurde, sie glaubte immer noch fest daran, dass es auch dafür eine Erklärung geben würde. Und nun hatte sie die Gelegenheit, genau diese Frage zu klären, für sich selbst.
Entschlossen schob sie den Aktenstapel beiseite und griff zum Telefon. „Hallo Cindy, Snuff hier. Wären sie so nett, mir Richard Stevenson, Max Chefferson und Jim Pasto in mein Büro zu schicken?“, bat sie freundlich.
Die andere Stimme am Telefon antwortete sofort: „Natürlich Cath, kein Problem. Die sind in null komma nix bei dir oben.“
„Danke“ Cath hängte auf und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück.
Es dauerte keine zehn Minuten, da standen ihre Kollegen uniformiert und scheinbar in Topform in ihrem Büro. Jim hüpfte ungeduldig vom einen auf das andere Bein.
Cath fiel auf, dass er mal wieder übertrieben hatte, was seine Ausstattung angeht.
Eine kugelsichere Weste und zwei Glock17.
Hallo? Das hier ist nur eine Erkundung, du Trottel. Hast du etwa Angst die Tiere schießen auf uns?
Sie verkniff sich die blöde Bemerkung und steckte ihren Revolver in das Halfter an ihrer Hose, bevor sie alle nacheinander begrüßte und ihnen schließlich erklärte, wieso sie hier waren.
Nachdem sie ihre Kollegen mit der bevorstehenden Aufgabe vertraut gemacht hatte, setzte sie sich ans Steuer ihres Dienstwagens und drehte den Schlüssel um. Richard nahm neben ihr Platz.
Sie war froh, dass sie nicht mit Jim fahren musste, sie konnte ihn nicht wirklich leiden und auch Chefferson war nicht gerade ein angenehmer Beifahrer mit seinen andauernden Zurechtweisungen, was Cath's Fahrstil angeht.
Oben im Büro hatte sie, nachdem Josh aufgetaucht war, keine Zeit gehabt, über sich und Dan nach zu denken, aber nun zwängten die Gedanken sich in den Vordergrund, während sie gemütlich die Interstate 6 entlang fuhren.
Der Gedanke daran, ihn gehen zu lassen, tat ihr schrecklich weh, Cath schloss nicht aus, dass sie kaum merklich zusammen zuckte. Rich schien jedenfalls nicht zu merken, er war damit beschäftigt, im Handschuhfach herum zu kramen. Was er da wohl suchte? Es war ihr egal.
Du weißt ganz genau wie es damals war! Lass nicht zu, dass dir so etwas noch einmal passiert! Halte dich von ihm fern! Die Männer sind alle gleich, du musst ihn vergessen, sofort!
Die Worte ihres Unterbewusstseins prasselten wie Faustschläge auf sie ein, ihr Kopf brummte und ihre Gedanken drehten sich unaufhörlich im Kreis.
Hör auf dein Herz, zu liebst ihn. Bleib von ihm weg! Er ist so lieb zu dir. Du weißt wohl nicht mehr, was damals passiert ist? Lass die Vergangenheit hinter dir, er ist, was du brauchst. Er wird dir weh tun!
Catherina wurde übel, sie unterdrückte ein Würgen und konzentrierte sich wieder auf das Fahren.
Sie hatte keine Lust, ihrem Kollegen erzählen zu müssen, was los war. Das würde sie zu einem geeigneten Zeitpunkt mit sich selbst ausmachen.
Allmählich kamen die Beiden in ländliches Gebiet. Hier waren überall Kastanienbäume an der Straße, kleine Wälder, wilde Sträucher. Hier irgendwo musste es sein. Als sie gestern Abend mit Dan hier entlang gefahren war, stand bereits der Mond am Himmel, der jedoch von den Regenwolken verdeckt wurde, aber sie war sich sicher, richtig zu sein. Außerdem hätte Richard sie schon zurecht gewiesen, so wie er es immer tat. Auch an diesem Tag hingen dicke dunkle Wattebäusche am Himmel, es war nur noch eine Frage der Zeit, bis es wieder regnete. Catherina hasste den Herbst. Es war kalt und nass, wie in einem feuchten Kellerloch in einem alleinstehenden Haus in den Xabour Hills...
Kurz vor dem Ortsende entdeckte sie einen Kiosk.
Cath parkte auf der gegenüberliegenden Straßenseite, entschuldigte sich bei Rich, der immer noch im Handschuhfach herum wühlte, huschte auf die andere Seite der Straße und betrat den Laden.
Kurze Zeit später kam sie wieder heraus, eine Schachtel Zigaretten in der Hand.
Sie hatte nun schon seit zwei Jahren nicht mehr geraucht, aber das musste jetzt sein, sie würde den Tag nicht überleben.Sie hatte sich ein Feuerzeug gekauft und zündete eine Zigarette an.
Puuuuuh.
Es kratzte ein wenig im Hals, dennoch hatte Cath das Gefühl, sich ein wenig besser zu fühlen.
Sie ging wieder zum Auto, lehnte sich gegen die Motorhaube und rauchte weiter.
Es dauerte eine ganze Weile, bis Richard sie bemerkte, er war wohl fertig mit suchen.
Ein wenig verwirrt öffnete er das Fenster und meinte:“ Ich dachte, du hast aufgehört, zu rauchen.“
Cath erwiderte nur:“ Ja, das hatte ich.“
Ihr Kollege schien zu verstehen, dass sie nicht darüber reden wollte, also kurbelte er das Fenster wieder hoch und wartete.
Eine halbe Stunde später parkten beide Streifenwagen auf dem großen Parkplatz kurz vor den Xabour Hills. Von hier aus würden sie zu Fuß weitergehen, mit einem Auto waren die Hügel schwer zu erreichen, auch wenn der besagte Lastwagen wohl alle paar Wochen hinauffuhr.
Als sie ausstiegen, zündete Cath sich eine weitere Zigarette an, das brauchte sie bei all dem Chaos in ihrem Kopf. Sie ermahnte sich immer wieder, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren und die Sache mit Dan bis später ruhen zu lassen. Und mittlerweile klappte es ganz gut.
Nach einer kurzen Besprechung machten sie sich auf den Weg. Catherina und Richard sahen sich auf dem Westhang um, Jim und Max liefen den Osthang ab. Wenn jemand etwas erwähnenswertes finden würde, könnte er ja funken. Cath aber rechnete nicht damit, etwas zu finden.
Zumindest nichts, was auf kriminelle Machenschaften hinweisen könnte.
Andererseits gab es hier laut Josh keine Menschen, es könnte also gut sein, dass sich jemand genau das zu Nutze gemacht hat und nun ungehindert seine Verbrechen plante und durchführte. Was dann Dan sein müsste, aber Catherina hoffte inständig, dass sich tief in den Wäldern jemand anderes versteckt, falls in den Bergen wirklich krumme Dinger passieren sollten. Dass Dan's Haus offensichtlich nicht beim Einwohnermeldeamt registriert war, bedachte sie nicht. Sie trug die berühmte rosa Brille.
Schon nach fünf Minuten auf dem steilen Hang taten ihr die Füße weh.
Sie war vor nicht einmal vierundzwanzig Stunden zwar auch hier gefahren, dachte sie zumindest, aber sie hatte so viel Champagner getrunken, dass sie die Fahrt, die holprig gewesen sein musste, nicht wirklich wahrgenommen hatte. Hoffentlich hatte sie nicht so viel geplappert, wie es nun mal ihre Art war, wenn sie getrunken hatte. In Wahrheit war sie nur zu verliebt, zu abgelenkt, um sich daran zu erinnern, dass sie heute Morgen vor einer Altbauwohnung in der Buston Street in Xabour aufgewacht war. Zu groß war die Angst, ihre lang ersehnte Liebe könnte irgendwelchen Unsinn machen und sie müsste ihn hinter Gittern besuchen kommen.
Stück für Stück lief sie mit Rich den Hang ab und warf einen flüchtigen Blick in alle Richtungen. Sie stocherte mit einem Ast in den Büschen und Gräsern herum.
Ihrer Meinung nach hatte es keinen Zweck, jeden Stein doppelt umzudrehen.
Ob sie außer dem Haus von Dan wohl sonst etwas erwähnenswertes finden würden?
Wo stand sein Haus überhaupt? Sie wusste es nicht mehr genau, aber sie würde es schon finden.
Es dauerte fast vier Stunden, bis alle wieder am Parkplatz zusammenfanden. Gefunden hatte niemand etwas, da oben schien es wirklich keine Häuser beziehungsweise Menschen zu geben.
Cath war sich eigentlich sicher, dass Dan in den Xabour Hills wohnte, aber sie hatte das Haus nicht gesehen, genau so wenig, wie ihre Kollegen. Vielleicht hatte sie doch zu viel Champagner getrunken und ihr Gedächtnis strafte sie nun mit falschen Erinnerungen.
Jim und Max hatten auf ihrer Erkundungstour eine Reihe steiler Felswände entdeckt, was dahinter war, wussten sie nicht. Jedenfalls hatten sie keine Lust, sich die Knochen zu brechen, nur weil ein paar kleine Verdachtsmomente bezüglich dieses roten Lastwagens im Raum standen. Und immerhin
hatte Kitson, ihr Chef, nur gemeint, sie sollen sich mal umsehen, also keine große Sache.
Sie rechneten ohnehin nicht damit, dass sich jemand die Mühe machen würde, da hinten dran zu klettern oder wie auch immer zu fahren. Wenn sie doch wenigstens Reifenspuren gefunden hätten.
Enttäuscht stiegen die Polizisten in ihre Wagen und fuhren los, zurück zur Dienststelle.
Nur noch drei Stunden, dann würde Catherina Feierabend haben...Nur drei Stunden, das war leicht dahingeredet.
Zurück auf dem Revier plünderte sie erst einmal den Kaffeeautomaten. Ein Becher nach dem Anderen landete auf ihrem Tisch, während sie überraschend konzentriert den Aktenstapel durchging und etwas in ihren Computer tippte. Ab und zu zündete sie sich eine Zigarette an, dass es in den Büros verboten war, zu rauchen, interessierte sie nicht. Würde sie heute irgendjemand dumm anmachen, sie würde ungemütlich werden. Es war nicht ihr Tag, nicht nach dem, was sie und Dan getan hatten. Sie hielt es für falsch und doch für richtig, aber das Einzige was sie im Moment interessierte, war dass es gut war. So glücklich war sie schon lange nicht mehr. Und die nächsten Stunden, mit etwas Glück Tage würden entscheiden, ob sie dieses wunderschöne Gefühl neben diesem einen besonderen Menschen zu liegen, noch einmal erleben durfte,
Nun aber musste sie sich erst einmal durch die ganzen Akten kämpfen. Nachdem sie einen Teil des Stapels bearbeitet hatte, kramte sie noch einmal die Akte Xabour Hills hervor und sah sie sich noch einmal genau an.
Alles, was erwähnt wurde, war dass es eine ältere Dame gab, die sich schon einige Male über den roten Lastwagen gewundert hat, ihr Name war Becca Chepsi. Catherina kannte sie, in den letzten drei Monaten hatte sie vermehrt mit ihr zu tun gehabt. Becca war Rentnerin, ledig und hatte keine Kinder. Ihre Zeit verbrachte sie damit, von ihrem Küchenfenster aus Falschparker zu verpfeifen oder rauchende Jugendliche zurecht zu weisen. Sie nannte sich selbst freiberufliche Polizistin, insgeheim konnte das ganze Revier darüber nur grinsen. Dennoch war es ihre Pflicht, die Anzeigen aufzunehmen, ob es wichtigeres zu tun gab oder nicht.
Das einzige was noch fehlen würde, wäre dass sie anfängt Buch zu führen oder Fotos zu machen. Das würde uns vielleicht weiterhelfen. Ratlos schmiss Cath die Akte auf den Tisch und tippte fleißig in ihren Computer. Nachdem sie ihren Bericht beendet hatte, schaute sie enttäuscht auf ihren Monitor. Keine Verdachtsmomente, keine Wohngebiete, nicht einmal eine kleine Holzhütte. Das mit der Holzhütte wagte sie nicht, einzutippen. Stattdessen spukte der Satz in ihrem Kopf herum.
Die Bilanz enttäuschte sie, Cath mochte es nicht, als Versagerin da zu stehen.
Verbissen überlegte sie, ob sie etwas übersehen haben könnte. Rings um die Xabour Hills herum gab es ihres Wissens nach hunderte Kilometer weit nur Wiesen und Wälder, dass hatte sie der großen Karte, die in ihrem Büro hing, entnommen.
Wenn sie sich nun die Karte noch einmal ansah, schien es ihr gar nicht mehr so abwegig, dass jemand da oben war. Kilometerweit nur Wiese und Wald, perfekt gelegen.
Oh Dan, ich hoffe inständig, dass du keinen Unsinn gemacht hast.
Cath grübelte weiter.
Dass der Lastwagen sich nur auf der Durchfahrt befand, hielt Catherina für mehr als unwahrscheinlich, immerhin gab es einen Highway in die umliegenden Städte rings um die Hills, die außerdem über hundert Kilometer von den Bergen entfernt lagen.
Plötzlich kam ihr eine Idee. Sie hatte keine Ahnung, wieso sie Dan's Haus nicht gefunden hatte, aber das war eigentlich gar nicht das Problem. Auch wenn sie es nicht gesehen hatte, es müsste theoretisch beim Einwohnermeldeamt registriert sein. So könnte sie wenigstens feststellen, ob sie sich nicht geirrt hatte und vielleicht doch nicht in den Xabour Hills übernachtet hatte.
Entschlossen wählte sie die Kurzwahl zwei und wartete.
„Ja, hallo?“, säuselte die Sekretärin des Reviers gewohnt freundlich ins Telefon.
Cath musste kurz grinsen, bevor sie mit ernster Stimme wissen wollte:“Cindy, hallo. Könntest du mir bitte die Telefonnummer vom Einwohnermeldeamt geben?“
Die Sekretärin antwortete:“Kommt sofort, Cath.“
„Danke“
Nicht einmal zwei Minuten später saß sie da, auf ihrem Stuhl, das Telefon am Ohr.
Man bedauerte, dass niemand in den Bergen um Xabour gemeldet war, die Frau am anderen Ende der Leitung schien es sogar lustig zu finden, dass Catherina überhaupt nachgefragt hatte.
Solche Leute gingen ihr auf die Nerven, aber sie blieb höflich.
Nachdem sie sich erkundigt hatte, unter welcher Adresse der Name Dan Steelers gemeldet war, bekam sie sogleich eine Adresse gefaxt.
Dan Steelers
Buston Street 1678
Xabour
Er wohnte also in Xabour, sie hatte sich nicht gänzlich getäuscht. Die Sache mit den Hills war allerdings ein Griff ins Leere.
Buston Street? Dass ist nicht weit von hier weg. Ich werde morgen mal vorbeifahren.
Catherina schob den Aktenordner mit der Aufschrift Verdächtiges Fahrzeug in den Xabour Hills beiseite und kümmerte sich um ihren anderen Kram. Ab und zu zündete sie sich eine Zigarette an, dass es in den Büros verboten war zu rauche, interessierte sie nicht. Heute durfte sich niemand erlauben, ihr irgendetwas zu verbieten, sie würde an die Decke gehen.
Es gab keine weiteren Zwischenfälle mehr, also verließ sie ganz normal um Punkt acht Uhr ihr Büro.
Kurze Zeit später saß sie in Richard's Auto, der sie nach Hause fuhr. Zum Glück hatte sie ihn draußen auf dem Parkplatz noch getroffen, sie hatte ganz vergessen, dass Dan sie heute Morgen hergefahren hatte und ihr Auto zu Hause in Brooks stand.
Moni- Technikerin
- Aufgabe : Kontrolle technischer Abläufe
Anmeldedatum : 20.06.13
Anzahl der Beiträge : 328
Schriftrollen : 41787
Bewertung : 4
Alter : 28
Ort : Rheinland-Pfalz
Ähnliche Themen
» Kapitel 2 Gefährliches Treffen
» Kapitel 5 Gefährliche Ausmaße
» Kapitel 4 Fast wie Klebeband...
» Kapitel 6 Das Spiel beginnt
» Kapitel 8 Die nächste Runde
» Kapitel 5 Gefährliche Ausmaße
» Kapitel 4 Fast wie Klebeband...
» Kapitel 6 Das Spiel beginnt
» Kapitel 8 Die nächste Runde
Seite 1 von 1
Befugnisse in diesem Forum
Sie können in diesem Forum nicht antworten